Prozesse meiner Malerei
Fragen Sie nie einen Künstler wie er es gemacht hat. Er weiß es nicht.
Prozesse will aber das, was man davon wissen kann, ergreifen und darstellen. Das mag auch für den kreativen User von Interesse sein, dient aber zuerst meiner eigenen Orientierung.
Letztlich müssen die beschreibenden Darstellungen unscharf bleiben, da die abgebildeten Entwicklungsschritte der Bilder nicht die tatsächlichen Wendepunkte eines Bildes erfassen können, weil sie für mich über- oder unterbewusst ablaufen.
Die Gedanken, die ich dazu festhalte, versuchen im Nachhinein das, was sich davon in Worte fassen lässt, zu formulieren. Alles hier dreht sich um den Prozess des Malens.
Muschelkalk
Acryl gebundenes Pigment, 120 x 130 cm, 2021
Phase 1 : zeigt, wie das nicht Ziel gerichtete laufen lassen von Pigmentfarbe assoziative Möglichkeiten entstehen lässt, aus denen sich auch andere Motive hätten entwickeln können.
Phase 2 : Durch ein Drehen um 180° werden vorschnelle Deutungen vermieden und das grafisch Betonte wird durch gesteigerte Farbigkeit zurückgedrängt. In diesem Fall wähle ich ein violettes Grau, das einen schönen Klang zum vorherrschenden Ocker bildet. Gleichzeitig lenke ich damit die Stimmung in das Thema Wand, Mauer, Stein.
Phase 3 : Eine erneute Drehung um 180° und die Steigerung des Malerischen durch Fließmuster von Pigmenten im unteren Bereich schließen die Arbeit ab.
Plankton
Acryl gebundenes Pigment, 120 x 130 cm, 2021
Phase 1 : Weiße Laufgrafik energetisiert das grau-grüne Raster des Starts.
Phase 2 : Die runden Elementen, die die linke Hälfte in Beschlag nehmen, geben der Arbeit ein asymmetrisches Konzept.
Phase 3 : Ich tropfe und zeichne mit flüssiger Farbe auf das horizontale Bild in die nicht getrocknete Lasur. Das geschieht mit geschlossenen Augen, damit ich durch das Sehen nicht kontrolliere und damit dem Gestus die Spontaneität nehme.
Gischt
Acryl gebundenes Pigment, 120 x 130 cm, 2021
Phase 1 : In dieser 1. Phase wird deutlich, dass ich auch in eine ganz andere Richtung hätte gehen können, flächiger und nicht Grafik betont.
Phase 2 : Ich entscheide mich für eine Erweiterung der Möglichkeiten, indem ich Teile der Arbeit mit weißer Grafik-auslösche, die dem Ganzen ein eher nervöses, energetisches Gepräge verleihen.
Phase 3 : Ich drehe die Arbeit um 180° und tropfe die dunkel Schlussgrafik die noch nassen Schichten. Der Kontrast erzeugt zusammen mit der darüber gelegten Lasur ein transparentes Tiefenlicht, wie man es von bewegtem Wassers her kennt.
Quadrille
Acryl gebundenes Pigment, 135 x 150 cm, 2020
Phase 1 : Die 1. Phase zeigt, wie ich die Weißliniengrafik benutze, um mein Thema zu finden. Eine weiße Linie ist ein Paradox: eine Linie gestaltet und verbraucht Freiraum, die weiße Linie gestaltet und schafft Freiraum.
Phase 2 : Ich trage eine lasierende Pigmentschicht auf, mit der ich die weiße Grafik in das Bild einbinde und in die ich dann mit geschlossenen Augen auf das horizontal gelegte Bild eine dunkle Grafik tropfe. Die geschlossenen Augen verhindern, dass die Vitalität des Gestischen durch mein Beobachten und Beurteilen ausgebremst wird. Dieses so gewonnene Absichtslose offeriert mir Wege, die nicht aus dem Bewussten gekommen und mir wirklich neu sind. Ich habe ein Abenteuer statt mich innerhalb meiner Gewohnheiten im Kreis zu drehen.
Phase 3 : Ich entscheide mich für eine letzte Drehung des Bildes um 90 °nach rechts und ergänze die dunkle Grafik durch eine Tropfgrafik in Weiß, um eine Komplementärfigur zu erhalten. Die sich nun umtanzenden Figuren geben dem Bild Schwung und den Namen. Partien, die ich als müde ansehe, frische mit weißer Tropfgrafik auf, aus denen ich weitere Netze oder Cluster entwickele, um alle Teile des Bildes miteinander zu verweben