Ateliers
Mein Atelier ist nicht nur Arbeitsplatz an dem gestaltet wird, er wird auch selbst gestaltet und ist letztlich persönlicher und authentischer als meine Wohnung, in die ich selten jemand führe: ich lade in mein Atelier ein.
Ehrenfeld
ls ich mein erstes Atelier im belgischen Viertel wegen der Gentrifizierung gegen eines in Ehrenfeld in der Lichtstraße tauschte, verwandelte sich dieses Viertel gerade vom Industriegebiet zur Kreativmeile und es war sicher auch die Backstein Industriegotik mit ihren 2-farbig gemauerten Gründerzeitfassaden und das Aufragen des Helios Leuchtturmes, die Anteil an meiner Entscheidung hatten und ich kaufte 2 Korbsessel und 6 Bambuspflanzen mit weißen Übertöpfen durch die ich über eine Hofeinfahrt mit Fuhrwerkswaage auf die gegenüberliegenden Büros schaute.
Nun hatte die Lichtstraße ihren Namen nicht von der Lichtfülle her, sondern von der ehemaligen Fabrikation von Leuchtstoffmitteln die dort einmal stattgefunden hatte und vom Namen allein konnte der Bambus nicht gedeihen, er ging ein, aber ich hatte in einer Mischung aus mäßigem Tageslicht und einer Fülle ehemals hier produzierten Leuchtstoffröhren doch ganz brauchbare Bedingungen für meine Malerei.
Zwei Häuser weiter befindet sich auch heute noch die „Live Music Hall“ und so hatte ich es mir damals zur Gewohnheit gemacht, am Samstagnachmittag, wenn die Bands dort ihren Soundcheck machten und die Sonne tatsächlich auch mal den Innenhof erreichte, mich mit einem Glas Wein auf die 3 Stufen zum Atelier zu setzen und zuzuhören. Das ging vom kurzen Erproben der Akustik bis hin zur Jürgen Zeltinger Band, die zum Aufwärmen die ganze Palette der ACDC Hits hoch und runter spielte.
Hatte ich dann Lust auf mehr, ließ ich mir an der Abendkasse einen Stempel auf den Handrücken drücken, mit dem ich frei aus- und eingehen konnte und hatte in den Pausen meine eigene Toilette und auch mein Wein war der Hausmarke zweifelsohne überlegen. Irgendwann fing es an, dass man auch am frühen Morgen dort keinen Parkplatz mehr bekam, liebgewonnene Gebäude wurden abgerissen, die Miete stieg, die Heizung streikte.
Zollstock
Mein neues Atelier ist in Zollstock befindet sich Briedeler Straße – Ecke Zeltinger Straße und ich höre manchmal von Passanten, sieh mal, die Straße ist nach dem Musiker benannt. Aber Zeltingen ist natürlich wie Briedel auch ein Ort an der Mosel.
In diesem Atelier habe ich das Licht, das auch der Wein zum Reifen braucht und durch einen Kaminofen habe ich die Wärme, die meine Bilder zum Trocknen benötigen und auch die Maronen zum Garen. Ich lege sie auf die Herdplatte, rücke die noch existenten Korbsessel aus der Lichtstraße davor und entkorke eine Flasche. Irgendwann zieht dann der Duft der Kastanien durch den Raum, ich öffne die erste mit spitzen Fingern und lösche sie auf der Zunge mit Spätburgunder ab, während das Feuer im Sichtfenster meinen langen Schatten durch das Atelier wirft.
Vermutlich trage ich die Idylle wie einen Schatten mit mir herum und je nach Verfassung sehen mir nahestehende Menschen darin einen Vorzug oder ein Problem. Immerhin kann ich behaupten, dass ich sie immer an meinen Idyllen teilhaben lasse.